20. Februar 2023 Ausgabe II/2022: Neue Perspektiven mit nachhaltiger Mobilität

Im August 2021 startete im Fachbereich Metall und Elektro des WITT Schulungszentrums die erste Umschulung zu Fahrradmonteur*innen (IHK). Damit trägt das Schulungszentrum der Tatsache Rechnung, dass seit geraumer Zeit dem Thema Radfahren in einer breiten Öffentlichkeit eine wachsende Bedeutung zukommt. Aktuelle Einschnitte, sei es die Pandemie oder die Unsicherheit hinsichtlich Engpässe bei der Öl- und Kraftstoffbelieferung, haben diese Entwicklung weiter verstärkt: Egal ob klassisches Fahrrad oder E-Bike - der Zweiradmarkt boomt. Und das inzwischen auch in unserer Mittelgebirgsregion, die lange Zeit als nicht für das Radfahren geeignet galt.

Ende März 2022 konnte bereits der zweite Durchgang der 16-monatigen Umschulung beginnen.

Wir sprachen mit André Stephan, der als Dozent und Ausbilder die Teilnehmenden fachgerecht und mit viel Engagement an die Tätigkeit als Fahrradmonteur heranführt und es vermag, für diese praktische und vielseitige berufliche Perspektive zu begeistern.
 

Herr Stephan, was hat Sie dazu bewogen, Ihr Wissen und Erfahrungen als Dozent an Umschüler weiterzugeben?

Tatsächlich habe ich schon immer gern Anderen etwas beigebracht und wurde auch oft um Hilfe gebeten. Es fühlt sich gut an, Wissen weiterzugeben. Eines Tages stand ich gerade auf dem Großglockner und erhielt einen Anruf von Fachbereichsleiter Lutz Schwotzer, der mir einen Dozentenvertrag bei WITT anbot. Ich war interessiert, sagte zu und fühle mich nun nach einigen Unterrichtseinsätzen in meiner Entscheidung bestätigt. Es ist gut zu sehen, wie sich die Umschüler zu Fachleuten entwickeln. Manche kommen aus schwierigen Verhältnissen und beginnen, mit der Umschulung ihren Fokus im Leben anders zu setzen. Daran einen Anteil zu haben, macht mich froh und ganz nebenbei ein bisschen zum Sozialarbeiter.


Was hat bei Ihnen selbst die Leidenschaft für Fahrräder geweckt?

Ich habe früh als Kind angefangen, Rad zu fahren und bin mit 11, 12 auf BMX umgestiegen. Mit 15 gab ich den Leistungssport als Leichtathlet auf und widmete mich von da an dem Gravity Bike in den Kategorien Enduro, Freeride und Downhill. Ich würde mich selbst als Fahrrad-„Nerd“ bezeichnen und sehe in der Leidenschaft zum Radfahren die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung. Dafür brauche ich keine Wettkämpfe, sondern nur den perfekten Trail.
 

Wenn Sie nicht vor der Klasse stehen – welche Rolle spielen Fahrräder und das Radfahren aktuell in Ihrem Alltag?

Ich unterstütze Rennfahrer als Race-Support hinsichtlich Fahrwerkstechnik und Fahrtechnik. Gemeinsam suchen wir die ideale Abstimmung dieser beiden Komponenten. Darüber hinaus biete ich für Einsteiger wie auch Fortgeschrittene das passende Fahrtechniktraining an. Das kann beispielsweise auch für Firmen interessant sein, die ihren Mitarbeitenden Job-Räder zur Verfügung stellen und ein Fahrsicherheitstraining parallel dazu bei mir buchen, oder für den gestressten Chef, der sich beim Mountainbiken in der Natur einen Ausgleich verschaffen will. Ansonsten ist und bleibt das Fahren meine große Leidenschaft. Unter dem Slogan Wir sind Fahrrad! gibt es inzwischen eine weltweite Community und ein globales soziales Denken. Daran möchte ich einen Anteil haben.
 

Sie bilden die angehenden Fahrradmonteure in allen praktischen wie auch theoretischen fahrradbezogenen Inhalten aus. Gibt es darunter Themen, auf die Sie sich besonders spezialisiert haben?
Neben meinen Spezialfeldern Fahrwerkstechnik, Federelemente/Dämpfer und kundenspezifische Einstellungen spielt für mich die Ergonomie eine große Rolle. Um eine hohe Qualität zu erreichen sind jedoch umfangreiche Kompetenzen und vor allem ein sorgfältiges Arbeiten unerlässlich. Das kommt heute bei den Händlern und Werkstätten manchmal zu kurz und das wiederum verärgert die Kunden.


Für das kommende Jahr haben Sie gemeinsam mit dem Fachbereichsleiter Lutz Schwotzer drei Workshops konzipiert. Welche Schwerpunkte stehen dort im Fokus?

Wir wollen mit drei voneinander unabhängigen Tagesseminaren zu Antriebstechnik, Bremsentechnik und Fahrwerkstechnik starten. Diese Komponenten sind für alle Fahrräder – egal ob klassischer „Drahtesel“ oder Hightech E-Bike - gleichermaßen relevant und wichtig für einen sicheren Betrieb.


Herr Schwotzer, welche Zielgruppen haben Sie im Blick bei der Planung dieser berufsbegleitenden Tagesseminare?

Als passionierter Radfahrer sehe ich auch bei etablierten Werkstätten Bedarf an passgenauen Weiterbildungen, beispielsweise wenn es um die Hydraulik bei Bremssystemen geht. Hier können Fehler bei der Wartung gefährliche Folgen haben. Deshalb sehen wir alle Fahrradhändler, Werkstätten sowie Fahrradverleiher als Zielgruppe. Aber auch Privatpersonen, die selbst ihre Fahrräder reparieren und warten, können von unseren Workshops profitieren.