28. März 2024 Sicherheit beginnt mit Verantwortung – Gefährdungsbeurteilung als Schlüssel zur risikofreien Arbeitsumgebung

Ein sicherer Arbeitsplatz ist nicht nur ein Wunsch, sondern eine Verpflichtung gegenüber den Beschäftigten. Um diesem An-spruch gerecht zu werden, ist die Durchführung einer Gefähr-dungsbeurteilung von entscheidender Bedeutung.

Wir sprachen mit Uwe Krys, der als Sicherheitsingenieur bei WITT für verschiedene Schulungen aus dem Bereich Arbeits-sicherheit als Dozent zum Einsatz kommt, u. a. auch für das
                                                                     Seminar zur Gefährdungsbeurteilung.


Herr Krys, können Sie uns kurz beschreiben, was man unter einer Gefährdungsbeurteilung im Wesentlichen versteht?

Die Gefährdungsbeurteilung ist ein strukturierter Prozess, der dazu dient, potenzielle Gefahren am Arbeitsplatz zu identifi zieren, zu bewerten und entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Dabei werden nicht nur physische Gefahren wie Unfälle und Verletzungen berücksichtigt, sondern auch psychosoziale Belastungen, ergonomische Aspekte und Umweltfaktoren einbezogen.
Eine Gefährdungsbeurteilung ermöglicht es Unternehmen, Risiken frühzeitig zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um diese zu minimieren. Durch die Identifi zierung und Beseitigung potenzieller Gefahren können Unfälle vermieden und die Arbeitsbedingungen nachhaltig verbessert werden.

Gibt es eine rechtliche Verpflichtung hierzu?

Wie in vielen Ländern ist auch in Deutschland die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung gesetzlich vorgeschrieben. Die Vernachlässigung dieser Pflicht kann nicht nur zu rechtlichen Konsequenzen führen, sondern auch das Image des Unternehmens negativ beeinflussen.
Was viele nicht wissen ist, dass diese rechtlichen Verpfl ichtungen auf das 1884 von Reichskanzler Bismarck eingeführte Unfallversicherungsgesetz zurückgeht. Die in der Folge gegründeten Berufsgenossenschaften wurden dann über die Jahre immer wieder reformiert. So sind unter anderem seit 1974 zur Unterstützung der Unternehmen Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit Pflicht. Aus den nationalen Weisungen sind jetzt innerhalb der EU gültige Gesetze, Verordnungen sowie verbindliche Normen und Fristen entstanden.
Damit wurde die Zusammenarbeit der Firmen mit Lieferanten und Herstellern untereinander verbessert, aber auch die Kommunikation mit Kontrollorganen hat jetzt verbindliche Eckpunkte.


Welche Rolle spielen die Mitarbeiter im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung?

Die aktive Einbeziehung der Mitarbeiter spielt bei der Erarbeitung der Gefährdungsbeurteilung eine wichtige Rolle. Jeder Mitarbeiter hat sogar ein gesetzlich verbrieftes Recht und auch eine Mitwir-kungspflicht, Gefahren zu analysieren und zu vermeiden.
Denn es sind die Erfahrungswerte der Beschäftigten, die mit dem Werkzeug, der Maschine oder dem Gefahrstoff umgehen, die bei der Beurteilung der Gefahrenbereiche bzw. -situationen zu wirksamen Maßnahmen der Unfallverhütung führen.
Gleichzeitig erhöht das die Bereitschaft jedes einzelnen Mitarbeiters, diese Weisungen anzunehmen und umzusetzen. Daraus entsteht dann ein partnerschaftliches Betriebsklima zwischen Führungs-kräften und Arbeitnehmern.

Welchen Nutzen haben Unternehmen neben dem Grundanliegen der Arbeitssicherheit?

In der heutigen Zeit der digitalen Medien sind die Möglichkeiten, sich über Firmen und deren Arbeitsweise zu informieren, sehr vielfältig. Wenn potenzielle Mitarbeiter darüber erfahren, dass es im Unternehmen gut organisierten und praktisch gelebten Arbeitsschutz gibt, wird das Image des Unternehmens aufgewertet.
Ein zweiter Nutzen ist aber auch wirtschaftlicher Natur. Ich betreue eine kleine Firma in Branden-
burg. Um an einen großen öffentlichen Auftrag zu kommen, musste ein Ausschreibungsverfahren absolviert werden. Genau die Nachweise zu Gefährdungsbeurteilung, Zertifizierung, Organisation von Gesundheits- und Arbeitsschutz haben dann zum Zuschlag geführt.
Durch die Reduzierung von Unfällen und krankheitsbedingten Ausfällen können Unternehmen zudem ihre Produktivität steigern und Kosten im Zusammenhang mit Arbeitsausfällen minimieren. Eine sichere Arbeitsumgebung fördert darüber hinaus die Zufriedenheit der Mitarbeiter, was sich positiv auf die Mitarbeiterbindung auswirkt.

Auf welche Weise können Sie die verantwortlichen Personen, die an dem Seminar teilnehmen, bei der Gefährdungsbeurteilung unterstützen?

Gefahr erkannt – Gefahr gebannt – so einfach ist es in der Praxis tatsächlich nicht. Es müssen grundlegende Kenntnisse vorliegen, um Gefährdungsbeurteilungen ordnungsgemäß durchführen zu können. Dabei macht es einen Unterschied, ob es um Maschinen, Gefahrstoffe, die Einhaltung des Mutterschutzgesetzes oder die Beurteilung psychischer Belastungen geht, für die verschiedene Gesetze, Normen, Informationen und Grundsätze gelten.
Neben theoretischem Wissen werden im Seminar eine Vielzahl möglicher Gefahrenquellen und die spezifischen Verfahren zur Risikobeurteilung mit viel Praxisbezug aufgezeigt.
Die Teilnehmer können selbstverständlich im Rahmen der Schulung ihre persönlichen Erfahrungen einbringen und Fragen aus der eigenen betrieblichen Praxis stellen.

(Foto: U. Krys)